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Ist das Patenamt das Richtige für mich?

Die Beziehung zwischen Pate und Patenkind lebt von persönlichen Begegnungen

„Wir werden unsere Kleine taufen lassen. Wir können uns gut vorstellen, dass Du ihr Pate wirst. Was hältst du davon?“ Wer diese Frage hört, weiß: Jetzt braucht es eine Entscheidung, die gut zum Kind und zum eigenen Leben passt. Denn mit einem „Ja“ steht der Pate seinem Patenkind für mindestens 14 Jahre als vertrauensvoller Ansprechpartner zu Seite. Und das braucht Zeit. Dr. Joachim Schmidt, Pfarrer im Ruhestand, hat die Bereicherung erlebt, Kinder bei ihrem inneren und äußeren Wachstum zu begleiten. Als Pate, Vater und Großvater stand er bis jetzt neun Kindern bei ihrem Weg zum Erwachsenwerden zur Seite. In einem Interview gibt er Anregungen, wie sich die richtige Entscheidung finden lässt.

Wie lässt sich das Patenamt heute in Einklang mit den wachsenden Herausforderungen der Arbeitswelt bringen?

Dr. Joachim Schmidt: Es ist ja nun nicht so, dass die ganze Bevölkerung unter Burnout leiden würde. Aber man muss schon sehen, wie hoch bei einer Patenschaft die zeitlichen Belastungen für das eigene Leben sind und sich fragen: Kann ich wirklich die Verantwortung für dieses Kind übernehmen? Das ist vergleichbar mit der Entscheidung, die man treffen muss, wenn es darum geht, Vater oder Mutter zu werden, Freundschaften zu schließen oder wenn man andere menschliche Bindungen eingeht. Beziehungen unter Menschen brauchen Zeit, sie brauchen Pflege und sie brauchen Geduld. Es braucht auch die Bereitschaft, ein Stück von sich selbst weg und zum anderen hinzuschauen.

Was möchten Sie von einem künftigen Paten wissen?

Dr. Joachim Schmidt: Zunächst würde ich fragen, ob dieser Mensch die Patenschaft übernehmen kann. Patenschaft im christlichen Sinne bedeutet, dass man bei der Taufe verspricht, für die christliche Erziehung des Kindes zu sorgen. Wer kein Christ ist, wer nicht in der Kirche ist, der wird das wohl schwer können.

Welche Aufgaben kommen da auf einen zu?

Dr. Joachim Schmidt: Getauft werden bei uns im Allgemeinen Kinder. Sie haben den Weg ins Leben noch vor sich. Sie bei diesem Weg zu begleiten, neben den Eltern ein Ansprechpartner zu sein, zu helfen, zu beraten, Zeit mit dem Kind zu verbringen, es wachsen zu sehen und ihm beim inneren und geistlichen Wachsen zu helfen - das ist die Aufgabe des Paten. Das ist natürlich eine zeitaufwendige Aufgabe, wenn man sie ernst nimmt. Das wäre die zweite Frage, die ich einem Paten stellen würde: Kannst du diese Zeit wirklich für dieses Kind erübrigen? Oder bist du möglicherweise viel zu sehr unter Druck in deinem Beruf oder aus anderen Gründen, sodass du dem nicht gerecht werden könntest?

Immer häufiger wechseln Menschen ihren Arbeitsplatz und ziehen dabei in eine andere Stadt, das führt manchmal dazu, dass sich der Pate und das Patenkind nicht so oft sehen können. Leidet die Patenschaft darunter?

Dr. Joachim Schmidt: Das muss nicht sein. Allerdings lebt eine Patenschaft sehr stark von persönlichen Begegnungen. Natürlich kann man sich Briefe schreiben, man kann telefonieren, man kann Mails schicken, man kann über facebook in Kontakt bleiben, all das ist möglich. Aber regelmäßige Besuche müssen schon dazu kommen, um eine wirkliche Beziehung aufzubauen. Facebook reicht da wirklich nicht.

Welche Tipps haben Sie für Paten?

Dr. Joachim Schmidt: Es ist wie in jeder Beziehung: Wenn man sie nicht ernst nimmt, wenn man sie nicht wirklich will, dann wird sie ausdünnen, wird sie verhungern, wird sie vertrocknen und dann wird sie irgendwann verschwinden. Das muss man sich klar machen, bevor man eine Patenschaft eingeht. Aber wenn man sie will und wenn man sie wirklich pflegt und praktiziert, dann kann daraus eine wunderbare, lebenslange Freundschaftentstehen.

Sie haben es schon angedeutet: facebook, twitter und co. reichen nicht aus. Warum nicht?

Dr. Joachim Schmidt: facebook und twitter sind öffentliche Foren. Eine Patenschaft ist etwas sehr Persönliches, das zwischen zwei Menschen wächst. Natürlich kann ich auch auf facebook den persönlichen und geschützten Kontakt herstellen, aber insgesamt ist mir das viel zu distanziert und zu formalisiert. Es geht nichts über ein persönliches Gespräch mit einem Menschen. Gerade bei einer Patenschaft sollte das regelmäßig und unbedingt sein.

 

Vorschläge zur Begleitung eines Patenkindes:

- Am Familienleben des Kindes teilnehmen,
- mit und ohne Eltern Ausflüge mit dem Kind unternehmen,
- mit dem Kind Erlebnisse durch Briefe, E-Mails oder Fotos austauschen,
- jedes Jahr zum Tauftag gratulieren,
- zeigen, dass man Anteil am Leben des Kindes nimmt, bei seinen Erfolgen und Misserfolgen,
- als Gesprächspartner dienen,
- vom eigenen Glauben erzählen, wenn das Kind älter ist, durchaus auch von den eigenen Zweifeln
- Zuneigung mit kleinen Patengeschenken zeigen (Kinderbücher, Spielsachen),
- Kindergebetbuch und Kinderbibel auswählen und daraus vorlesen
- Vorbild sein: indirekt nimmt das Kind wahr, wie sein Pate mit anderen Menschen umgeht, wie er seine freie Zeit gestaltet, für was er sich engagiert und welche Meinung er zu bestimmten Themen hat.

 

Wissenswert:

Genauso wie die Eltern versprechen auch die Patinnen und Paten bei der Taufe, das Kind auf seinem Weg zum Glauben zu begleiten und ihm, unterstützt von der Gemeinde, christliche Werte und Traditionen zu vermitteln. Sie fördern die religiöse Entwicklung des Patenkindes, indem sie es beispielsweise am Tauftag besuchen und von ihren christlichen Erfahrungen erzählen, wenn es sie daraufhin befragt. Für das Kind soll der Pate ein Gesprächspartner sein, der es während des Heranwachsens begleitet.
Zur Vorbereitung des Taufgottesdienstes ist es eine schöne Geste, wenn die künftigen Paten die Taufkerze schenken und selbst gestalten.
Übrigens: Es gehört nicht zur Aufgabe eines Paten, die Erziehung des Kindes zu übernehmen, falls seinen Eltern etwas zustößt. Paten haben in diesem Fall keine Vormundschaftsaufgabe oder Betreuungsrechte.

 

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