Die St. Georgs-Kirche von Neu-Bamberg
Entstehungsgeschichte
Die Evangelische Kirche von Neu-Bamberg war ursprünglich die Kirche des untergegangenen Dorfes Sarlesheim. Die Endung „heim“ sagt uns, dass es sich hier um eine fränkische Siedlung gehandelt haben muss. Ihre Anfänge kann man also in die Zeit der so genannten fränkischen Landnahme zwischen 500 bis 800 nach Christus datieren. Das Dorf gehörte ursprünglich zum Streubesitz der Raugrafen von Altenbamberg im Appelbachtal. Die Kirche wurde, wie viele in dieser Zeit, auf einer leichten Anhöhe errichtet. Bei der ev. Kirche von Neu-Bamberg kann man die Anlage besonders gut erkennen, weil das Dorf rundherum fehlt und nur noch die Kirche übrig geblieben ist... Umgeben von einem Kirchhof mit einer hohen Mauer konnten sich die Dorfbewohner bei Gefahr in Ihren Schutz zurückziehen.
Baugeschichte
Der älteste Teil der Kirche, wie wir sie heute kennen, wurde um 1250 erbaut. Der Turm war ursprünglich höher. Anfangs könnte die Kirche ausgesehen haben, wie die Taufkirche der Hildegard von Bingen in Bermersheim... Hier bilden Turm und Kirchenschiff auf beiden Seiten EINE Flucht und auch hier ist der Turm höher. Die Bevölkerungsexplosion in Europa nach den Pestwellen im 14. Jhd. und den Plünderungen und den Kriegen (Bauernkrieg, 30-jähriger Krieg, Pfälzischer Erbfolgekrieg) im 16. und 17 Jhd. hatte auch vor Neu-Bamberg nicht halt gemacht, so dass die Kirche zu klein und eine Erweiterung des Kirchenraumes notwendig wurde. Es gab Umbaumaßnahmen in den Jahren 1739 und 1765, das Mittelschiff wurde nach Süden hin verbreitert, seitdem sind Schiff und Turm in den Achsen gegeneinander verschoben. Die Höhe des Turmes wurde dem Mittelschiff angepasst und der nun niedrigere Turm erhielt seine heutige Zwiebelhaube.
Innenraum
Im Inneren der Kirche sind der Altarbaldachin von 1416 an der Nordostseite des Mittelschiffes und der ebenfalls im 15. Jhd entstandene Sakramentsschrein an der Ostwand des Chores sowie Wandgemälde aus dem 13. Jhd besonders erwähnenswert.
Wann die Gemälde im Kreuzrippengewölbe des Altarraumes, die vier Evangelisten mit ihren Wappentieren, entstanden sind, kann nicht zweifelsfrei geklärt werden. Die Ausführung lässt vermuten, dass sie bei der letzten großen Renovierung 1921 entstanden sind. Die Innenausstattung, Bänke, Kanzel, Liedanschlagtafel und Kerzenleuchter an den Wänden, entstand nach den Umbauten von 1739 und 1768. Der Schalldeckel über der Kanzel ist auf das Jahr 1780 datiert.
Die Orgel aus dem Jahr 1776 stammt aus der Werkstatt Geib in Saarbrücken. Das Werk verfügt über eine Schleiflade mit mechanischer Traktur. Die letzte umfassende Renovierung der Kirche fand 1921 statt. Die Empore wurde verkürzt, an der Westseite wurde ein Kamin hochgezogen. Für die Neugestaltung der Fenster im Chor und an der Südseite konnte man den renommierten Glas- und Monumentalmaler Otto Linnemann mit Sitz in Frankfurt am Main verpflichten. (Seit 1923 war er außerordentlicher Professor für architektonische Malerei und Farbe in der Architektur an der TH in Darmstadt. Bereits bei der Restaurierung der Dome u.a. in Mainz, Worms und Frankfurt hatte er sich einen Namen gemacht.) Die Chorfenster zeigen die vier Evangelisten, die Fenster an der Südseite zeigen Luther, Christus und Melanchton in Überlebensgröße. Unter dem Ziborium wurde ein Ehrenmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges in Form einer Tomba errichtet.
Die Konfessionen
Im Jahre 1401 wurde die Kirche im Verzeichnis der geistlichen Stellen des Kapitels Münsterappel letztmalig als Sarlesheimer Kirche erwähnt. Ab 1522 wird sie nur noch als Pfarrkirche von Neu-Bamberg bezeichnet. Zur Zeit der Reformation war Neu-Bamberg fest in Kurpfälzer Hand und die Bevölkerung dementsprechend rein protestantisch. Nach verschiedenen Verpfändungen gehörte Neu-Bamberg 1663 zum größten Teil zu Kurmainz. Ab 1714 bis zur Übernahme durch die Franzosen 1798 war Neu-Bamberg ein eigenes Kurmainzer Amt, das die Gemeinden Gumbsheim, Pleitersheim, Siefersheim, Volxheim und Teile von Wöllstein verwaltete. In dieser Zeit zogen viele katholische Familien zu und die Kirche wurde simultan genutzt. Die Katholiken durften die Kirche bei Beerdigungen und an jedem 2. Feiertag benutzen. Die sonntäglichen Gottesdienste und täglichen Andachten fanden in der noch erhaltenen Burgkapelle auf dem Schlossberg statt. Bis in die Mitte des 19. Jhds nutzten beide Konfessionen die Kirche zu den festgelegten Zeiten, die Verstorbenen wurden gemeinsam auf dem Kirchhof rund um die Kirche bestattet. Um 1850 kam es aber zunehmend zu Reibereien zwischen den Konfessionen. Nach mündlicher Überlieferung gipfelten sie darin, dass ein Grüppchen besonders überzeugter Protestanten in einer hellen Mondnacht die Sakristei abrissen und so vollendete Tatsachen schafften. Auch der damalige Bürgermeister Johann Schleicher soll mit von der Partie gewesen sein. Am Ende konnte der Streit nur gerichtlich geklärt werden. Aufgrund des abschließenden Urteils des damaligen Hessen-Darmstädtischen Landgerichtes in Mainz verzichteten die Katholiken auf jeden Anspruch auf die Georgskirche und den Friedhof. Die Protestanten mussten 1000 Gulden Abfindung an die katholische Kirchengemeinde zahlen und den geweihten Altarstein und das Sanktuarium herausgeben.
Der Kirchhof
Darüber hinaus mussten sie sich an der Anlage des neuen katholischen Friedhofs am Ortsausgang in Richtung Frei-Laubersheim zur Hälfte beteiligen und schließlich wurde die Burgkapelle neugotisch erweitert. Die Familie Michel aus der Weidenmühle spendete damals den Acker an der Kreuznacher Straße und erhielt im Gegenzug das Familiengrab links neben dem Eingang der Kirche mit Grundbucheintrag. Sogar konfessionell verschiedene Ehepaare wurden gemäß ihrer Religionszugehörigkeit getrennt auf dem jeweiligen Friedhof bestattet. Seit die evangelische Kirchengemeinde in den 1960iger Jahren ihren Friedhof der bürgerlichen Gemeinde übertragen hat, konnten dann auch wieder katholische Gemeindeglieder dort beigesetzt werden. In den 1970er Jahren sind die Gräber auf der linken Seite abgeräumt worden, sie stammten vom Anfang des 19. Jhd, also noch aus Zeiten, in denen beide Konfessionen hier ihre Toten bestatteten. Die drei Steine aus der Zeit des Biedermeier wurden erhalten und hier aufgestellt. Der mittlere war für eine junge Frau die noch nicht verheiratet war. Der abgebrochene Baumstamm mit darüber drapiertem Brautkranz symbolisiert, dass hier eine Jungfrau ohne Nachkommen bestattet wurde. Die Gräber auf der rechten Seite stammen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und sollen nun für die Nachwelt erhalten werden. Der schwarze Stein rechts neben dem Kircheneingang mit seinen stilisierten Rosenbordüren ist ein besonders gelungenes Beispiel aus der Zeit des Jugendstils.
Autorin: Emmy Frieß